Geschichte

Die frühere Synagoge in Heilbronn

Am südlichen Ende der Allee befindet sich ein Denkmal in Form einer herabgestürzten Kuppel. Es stammt von der Künstlerin Bettina Bürkle und erinnert an die ehemalige Heilbronner Synagoge, die an dieser Stelle stand. Eine zentrale und vier kleinere Kuppeln schmückten diesen Bau, der ein Stolz der jüdischen Gemeinde und darüber hinaus der Heilbronner Bürger war. Sie war in das Stadtbild integriert: Die Allee war ein prächtiger Boulevard: In der Mitte stand das Konzert- und Gesellschaftshaus der Bürgerschaft (Harmonie) mit einem Kaiserdenkmal. Am nördlichen Ende befand sich das neugebaute Stadttheater und am südlichen Ende die Synagoge. Um den Blick auf sie nicht zu verstellen, wurde das Postamt (im Bauhausstil) schräg eingerückt – so wie es sich heute noch zeigt – leider ohne das Nachbargebäude, die Synagoge.

Synagoge Heilbronn mit Villa Härle vor 1900, Inv.Nr.: f200300623, n200301080, st2909; Ablage: Großformat Fotos; gestiftet von Carl T. Wieland, Olympia, Washington, Fotograf: Kgl. Hofphotograph, Karl Rühling, Heilbronn; Karl Rühling hat in den Heilbronner Adressbüchern Einträge von 1891-1899.

Die Synagoge wurde am 8. Juni 1877 vom damaligen Rabbiner Dr. Engelbert mit der jüdischen Gemeinde und vielen Heilbronner Honoratioren festlich eingeweiht. Damals befand sich die jüdische Gemeinde in einer kräftigen Aufwärtsentwicklung und stellte das durch dieses prächtige Gotteshaus dar. Das Äußere war im maurischen Stil gehalten und machte den Unterschied der Gemeinde zur christlichen Mehrheitsgesellschaft sichtbar. Fünf patinierte Kuppeln waren weithin sichtbar. Dem Abbildungsverbot folgend wurde auf menschliche oder tierische Darstellungen verzichtet; die alttestamentliche Vorschrift zum Bau des jeruselemer Heiligtums wurde aufgenommen: Zwei kuppelgekrönte Mauervor-sprünge erinnerten am Hauptzugang an die beiden Säulen Jachin und Boaz.

Das Innere orientierte sich dagegen an der christlichen Bautradition: Stellten frühere Synagogen den Almemor/das Lesepult in die Mitte, sodass die Beter darum herum saßen, so plazierte man in der Heilbronner Synagoge diesen vor den Aron haKodesch/ Toraschrein. So erhielt der Innenraum eine Längsorientierung wie (fast) alle christlichen Kirchen. In der Heilbronner Synagoge befand sich eine Kanzel und eine große Orgel mit 32 Registern. Im Unterschied zum Äußeren unterschied sich der Innenraum nur sehr wenig von den Kirchenbauten der damaligen Zeit. Trotzdem war die Heilbronner Gemeinde keine liberale, sondern eine Mehrheitsgemeinde, d.h.: die verschiedenen Richtungen sollten in ihr ein zuhause haben.

Blick von der Allee auf Synagoge und Hauptpost, ca. 1930; Original: F 856a, Originalgröße: 134 x 95 mm

1927 feierte die jüdische Gemeinde das 50 jährige Jubiläum ihres Gotteshauses – wieder zusammen mit den Heilbronner Bürgern und sehr vielen Amtsinhabern. Juden waren sozial, kulturell und wirtschaftlich ein Teil des städtischen Lebens. Am Wirken des damaligen Bezirksrabbiners Dr. Max Beermann ist das enge Verflochtensein abzulesen. Allerdings weisen die Festvorträge dieses Feiertages auf die auch in Heilbronn zunehmenden Angriffe der Judenfeinde hin. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge wie alle jüdischen Gotteshäuser im Deutschen Reich eingeäschert und bis zum 16. März 1940 abgebrochen.

Heilbronner Synagoge am Tag des Brandes 10.11.1938 morgens; aufgenommen vom Gebäude Allee 16.
Synagogengedenkstein Beschriftung

Text: Günter Spengler